Der Dreifachmord von Overath
Shownotes
Nicht nur für den Ort im Bergischen war die grausame Tat ein Schock: Ein Neonazi, der in Köln für den Stadtrat kandidiert hatte, erschoss am Nachmittag des 7. Oktober 2003 einen Rechtsanwalt und seine Familie. Über das Motiv für die brutale Tat wurde nicht nur vor dem Kölner Landgericht während des Prozesses gegen den Täter und seine Freundin spekuliert. Die Debatte wirkt bis heute nach: Kann man die politische Gesinnung eines rechtsextremistischen Gewalttäters von seiner Tat trennen? Selbst dann, wenn er in seinem Geständnis ausdrücklich eine politische Motivation beschreibt? „True Crime Köln“ geht dieser Frage noch einmal nach. In der neuen Folge der Podcastreihe des Kölner Stadt-Anzeiger über wahre Verbrechen in Köln und der Region widerspricht der damalige Prozessberichterstatter Axel Spilcker sowohl NRW-Innenminister Herbert Reul wie auch dem ehemaligen Chef des Landeskriminalamtes Frank Hoever, der bereits 2019 davon sprach, dass das Verbrechen „überwiegend rechts motiviert“ gewesen sei. Das Gericht hatte das anders gesehen und Rache wie Habgier als Motiv gesehen. Spilcker glaubt, dass der Richter richtig entschieden hat. Die Debatten über eine mögliche Verharmlosung von rechtsextremer Gewalt hat die nordrhein-westfälische Landesregierung dazu gebracht, alte Fälle neu zu bewerten. Innenminister Herbert Reul (CDU) entschied nach einer Prüfung des Kölner Urteils, dass der Dreifachmord von Overath als politisch motiviertes Tötungsdelikt in den Statistiken des Landeskriminalamtes und des Ministeriums nachgemeldet werden muss. Neue Strukturen hätten es erlaubt, einen unvoreingenommenen Blick aus der heutigen Perspektive auf das Tatgeschehen einzunehmen, so das Innenministerium. Der Mörder hatte sich nach seiner Verhaftung zunächst in einem Brief an den Kölner Stadt-Anzeiger und später auch vor Gericht als Vorkämpfer einer revolutionären Bewegung beschrieben. Eine große Untergrundarmee warte auf einen Startschuss, um loszuschlagen. Sein Anwalt sprach davon, dass Anschläge auf Menschen jüdischen Glaubens geplant seien und verlangte, dass der Prozess vom Kölner Landgericht zur Düsseldorfer Staatsschutzkammer verlegt werden müsse.
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Transkript anzeigen
00:00:02: True Crime Kallen, der Podcast des Kölner Stadtanzeiger.
00:00:06: Über wahre Verbrechen, spannende Geschichten und spektakuläre Fälle.
00:00:12: Der Tatort ist ein unscheinbares gepflegtes Backsteinhaus im Zentrum von Oberrad.
00:00:18: Im Erdgeschoss befindet sich ein Friseurladen, im ersten Stock darüber lebt und arbeitet der Rechtsanwalt Hartmut Nickel.
00:00:26: Seine Wohnung grenzt gleich an seine Anwaltskanzlei.
00:00:29: Die Kanzlei ist auf Familien und Erbrecht spezialisiert.
00:00:33: Hartmut Nickel vertritt Mandanten bei Scheidungen und Unterhaltsstreitigkeiten, aber auch in Streitfällen, in denen es um Mieten oder Schadensersatz geht.
00:00:42: Am Nachmittag des siebten Oktober, es sind viele Leute unterwegs.
00:00:50: Das hält einen Mann und eine Frau nicht davon ab, in die Kanzlei zu stürmen.
00:00:55: Ohne langes Zögern holt der Mann eine Pumpgannen aus einer Tasche und erschießt die Ehefrau des Anwalts.
00:01:02: Die Frau fesselt die sechsundzwanzigjährige Tochter.
00:01:05: Sie muss sich neben den Anwalt auf den Boden legen.
00:01:08: Dann werden auch sie erschossen.
00:01:10: Ein Passant ruft die Polizei ein.
00:01:12: Augenzeuge berichtet, dass er einen Mann beobachtet hat, der mit gemächtlichen Schritten das Haus verlassen hat.
00:01:21: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von True Crime Köln, der Podcast-Reihe des Kölner Stadtanzeiger über wahre Kriminalfälle in Köln und der Region.
00:01:30: Heute sprechen wir über den Dreifachmord von Oberrad aus dem Oktober, zwei Tausend und drei eine furchtbar brutale Tat in der Kleinstadt im Bergischen.
00:01:41: Eine hundertprozentige Klarheit, wer die Opfer waren, gab es erst nach der Obduktion in der Kölner Gerichtsmedizin.
00:01:47: So entstellt waren die drei durch die Schüsse.
00:01:51: Ein Anwalt, der in hochemotionalen Familienstreitigkeiten Mandanten vor Gericht vertritt.
00:01:57: Da lag natürlich sehr schnell nahe, dass man den oder die Täter in diesem Umfeld suchen könnte.
00:02:04: So geriet schnell ein Mann ins Visier der Polizei, den seine Ex-Frau belastete.
00:02:09: Ihr geschiedener Mann sei gewalttätig.
00:02:11: Möglicherweise wolle er sich rächen.
00:02:13: Ein weiterer Hinweis führte zu einem arbeitslosen Bauarbeiter, der aus seiner Wohnung rausgeklagt worden war.
00:02:20: Der Mann war wegen eines Mordversuchspolizei bekannt.
00:02:23: Er hatte einen Taxifahrer gewürgt.
00:02:25: Der ermordete Anwalt hatte das Opfer vertreten und Schadensersatz durchgesetzt.
00:02:31: Aber auch dieser Verdacht hatte nicht lange Bestand.
00:02:34: Die Verdächtigen hatten Alibis.
00:02:37: Ausschnitte aus der Berichterstattung des Kölner Stadtanzeiger und des Express im Oktober.
00:02:43: Es ist ein Puzzle, das die Kölner Ermittler zusammensetzen müssen.
00:02:47: Beim Motiv für die Morde steht die Polizei vor einem Rätsel.
00:02:50: Hinweise auf einen Raubüberfall gebe es bislang nicht.
00:02:54: Die Ermittler richten ihr Hauptaugenmerk zunächst einmal auf das berufliche und private Umfeld der Ermordeten.
00:03:00: Viele vermuten, dass es ein säumiger Mandant oder ein Beklagter einer gegnerischen Partei sein könnte.
00:03:06: Nickel war als Scheidungsanwalt tätig, machte Familien Sachen, erstritt für Frauen Unterhaltsforderungen.
00:03:12: Kann der Hass auf einen Anwalt so abgrundtief sein?
00:03:16: Einer der den verstorbenen Kante ist Ulrich Konzen, Direktor des Amtsgerichts in Berges Gladbach.
00:03:23: Er stellt Nickel als besonnenen Menschen dar.
00:03:26: Er war stets zurückhaltend, überhaupt kein Schafmacher.
00:03:29: Mit ihm war die Atmosphäre im Gerichtssaal immer sachlich.
00:03:32: Der Dreifachmord in Oberrad erschüttert die Einwohner des Ortes.
00:03:36: Man redet über das, was passiert ist und
00:03:38: plötzlich
00:03:39: kann man nicht mehr weiterreden.
00:03:41: Wie gelähmt, sagt eine Freundin der Anwaltsfamilie.
00:03:45: Oberrater legten Blumen und Kerzen vor dem Haus nieder.
00:03:48: Für Sabine Haar aus Beensberg ist es besonders schlimm.
00:03:52: Die Vierunddreißigjährige hat über das Fernsehen erfahren, dass ihr Chef und Familie Mitglieder getötet worden sind.
00:03:59: Und sie ahnt, dass sie vielleicht großes Glück gehabt hat.
00:04:03: Die Angestellte der Kanzlei hatte am Dienstag frei.
00:04:06: Die Ermittler erhoffen sich von ihrer Aussage Hinweise auf ein Motiv für die Tat.
00:04:11: Gemeinsam ging man die gesamte Mandantenliste der Anwaltspraxis durch.
00:04:15: Drei Tage nach dem rätselhaften Dreifachmord verfolgt die Kölner Polizei eine neue Spur.
00:04:21: Die Embitglas suchen jetzt nach einer rotarigen Frau.
00:04:24: Sie war in Begleitung eines unbekannten Mannes gesehen worden.
00:04:28: Porträtzeichnern der Polizei gelang es, mithilfe der Zeugen am Computer Phantom-Bilder des gesuchten Paares zu montieren.
00:04:36: Aus der Bevölkerung seien inzwischen siebenundzwanzig Hinweise eingegangen, berichtete ein Polizeisprecher.
00:04:43: Meist sei auf Personen hingewiesen worden, die in irgendeiner Verbindung zu den Opfern standen.
00:04:50: Tatsächlich führte das Phantombild der beiden Verdächtigen in die richtige Richtung.
00:04:55: Tausende Handzetteln mit Bildern sind von der Polizei damals an Passanten und Berufspendler verteilt worden.
00:05:02: Wenige Stunden später begahm die Polizei den entscheidenden Hinweis, der sie dann in ein Industriegebiet in der Nähe von Aachen führte.
00:05:10: Dort überwältigte ein Spezialkommando am Abend des fünften Oktober, vor einer Spielhalle, den fünfundvierzigjährigen Thomas Adolf und seine erst neunzehnjährige Freundin Jennifer D. Für den Kölner Stadtanzeiger hat damals mein Kollege Axel Spilker über den Fall berichtet.
00:05:28: Er ist jetzt zu Gast im Podcaststudio des Kölner Stadtanzeiger.
00:05:33: Schnell ist damals klar geworden, mit wem wir es bei dem Festgenommenen zu tun haben, schon am Tag, Nach der Festnahme erfahren wir von einem sehr besonderen Lebenslauf.
00:05:44: Erst ist der Mann links extremist, dann wird er rechts extremist.
00:05:48: Mit wem haben wir es zu tun, Axel?
00:05:50: Thomas Adolf hat eine bewegte Vergangenheit gehabt.
00:05:56: Er war Anhänger der Roten Amir-Fraktion.
00:05:59: Da gab es ja auch mal ein Ermittlungsverfahren, das ist aber irgendwie im Sandeverdaufen.
00:06:07: Söldner gewesen sein und da sein Kampfhandwerk erlernt haben, den Umgang mit Waffen, dann ist er ja zurückgekommen und plötzlich bewegte er sich in der rechtsextremistischen Szene.
00:06:23: Manfred Rose, Deutsche Liga für Volk und Heimat, damals hieß er.
00:06:28: Und stellte sich dann auch auf für den Kölner Stadorat in Nippes, wollte sich wählen lassen.
00:06:36: Das ging natürlich in die Hose und so.
00:06:40: Und ja, später wird er dann sich als Akteur in einem rechtsextremen Netzwerk darstellen.
00:06:49: In seiner Denkschrift, die wir ja dann exklusiv erhalten haben, sprich da dann von der SS-Division Götterdämmerung.
00:06:57: Wo immer die auch sein sollte, aber die existierte natürlich nur in seinem Geiste.
00:07:01: Im Grunde war das ein totaler Versager.
00:07:04: Also der war forty-fünf Jahre alt, war total pleite, hatte nichts auf die Kette gekriegt, hatte diverse, ja, mit Frauen kam er dann wohl auch nicht so gut zurecht, bis er dann irgendwie ein junges Mädel, neunzehn Jahre alt, Jennifer Dee, kennenlernte die ihn ja quasi vergötterte.
00:07:24: Da sind wir wieder bei der Götterdemo.
00:07:27: Zu dieser Verbindung in die Kölner Kommunalpolitik müssen wir vielleicht noch ein paar erklärende Worte sagen.
00:07:33: Diese deutsche Liga, das war eine rechtsextreme Partei.
00:07:38: Sie ist der Vorläufer der sogenannten Bürgerbewegung pro Köln.
00:07:42: In deiner Zeit setzten Parteimitglieder ein Kopfgeld zur Ergreifung einer von Abschiebungen bedrohten Romafrau aus, die sich in Köln versteckt hatte.
00:07:53: Daran kann sich vielleicht die eine... oder der andere noch ganz gut erinnern.
00:07:57: Du hast den Namen Manfred Rus genannt, der Mann war und ist ein Striptenzieher im rechtsextremen Spektrum, war der Mitglied in verschiedenen Gruppen und Parteien und als solches dann auch Mitglied im Kölner Stadtrat, zunächst für die Republikaner, dann für die Deutsche Liga und schließlich für Pro Köln.
00:08:16: Was weiß man über das Engagement von Thomas Adolf in der Kölner Partei, für die er da als Ratskandidat aufgestellt worden ist?
00:08:23: Also der Verfassungsschutz hat ja damals versucht, ihn zu rekrutieren als V-Mann bis zu nineteen-seixundneinzig.
00:08:31: Also hat man ihm dann doch schon eine gewisse Bedeutung zukommen lassen.
00:08:36: Russ ist ja einer der altfunktionäre, also sei es damals die deutsche Liga oder später Proköln etc.
00:08:45: und der hat uns dann damals erzählt.
00:08:49: dass Adolf schon auch so richtig militant wurde.
00:08:54: Und er hat mal versucht, im Rus mal Waffen zu verkaufen.
00:08:58: Und das lässt natürlich auch eine bestimmte Gesinnung schließen, die weit über das normale Rechtsextreme befinden hinausgeht.
00:09:09: Also Manfred Ruhs, der Vordenker dieses rechten Netzwerkes, der etwas Neues aufbauten wollte, jenseits der Alt-Nazis, der NPD, mit dem habt ihr sprechen können, der hat euch was erzählt.
00:09:21: Ja, ja, den haben wir, ja klar, wir müssen den ja dann konfrontieren.
00:09:26: Wir müssen ja dann immer, also wenn wir Infos haben, die Leute betreffen und so weiter, sonst gibt es Ärger.
00:09:32: Und der war ganz frei, der erzählte dann irgendwie so.
00:09:38: Lies am Adolf war auch kein gutes Haar.
00:09:39: Also Adolf war kein ... Also es war ein Wirkkopf.
00:09:45: Ja, der war ziemlich durchgeknallt.
00:09:48: Und auch weil er so erfolglos war.
00:09:51: Er versuchte ja hier und da, Geschäfte zu machen oder sich zu verdienen auf Reiterhöfen und so weiter.
00:09:59: Das lässt natürlich nicht auf einen großen Geist schließen oder einen erfolgreichen Unternehmer.
00:10:05: Wie weiß man es genau?
00:10:07: Ist er der Erselbstersteller oder war er wirklich irgendwie wichtig?
00:10:10: Hat der Strippen gezogen oder sieht es nur Vermutung?
00:10:14: Also, das große Strippen hat er nicht gezogen.
00:10:16: Da bin ich ziemlich überzeugt.
00:10:18: Das war eigentlich eher so eine Art Einzelgänger, der versuchte, sich wichtig zu machen in dieser rechtsextremen Szene.
00:10:28: Er ist ja auch kolportiert, der hatte so eine SS-Uniform.
00:10:36: Und dann soll er einmal mit einem Pferd da durch seinem Ohnort in SS-Uniform durchgeritten sein.
00:10:45: Ich meine, dass all diese Dinge Zeugen natürlich nicht... von einem normalen Menschen, der normal denkt, sondern der muss in einer eigenen Welt gelebt haben.
00:10:56: Du hast die sogenannte Denkschrift schon erwähnt, die er im Gefängnis verfasst hat.
00:11:01: Ein bemerkenswitter Vorgang kann man sagen, denn nach seiner Verhaftung hat er erst einmal geschwiegen und gar nichts erklärt.
00:11:09: Zweifel daran, dass die Polizei den richtigen festgenommen hat, hat es trotzdem nicht gegeben.
00:11:14: Es war eigentlich immer klar, auch weil seine Freundin sehr schnell ein Geständnis abgegeben hat.
00:11:19: Eine Woche nach der Tat beendet dann auch Adolfs ein Schweigen und verschickt eben diese Denkschrift.
00:11:26: Der Text ist voller wirrer Formulierungen, sodass der Kölner Stadtanzeiger damals darüber spekuliert hatte, ob dahinter eine Strategiestecke sich als völlig unzurechnungsfähig darzustellen.
00:11:38: Das hätte natürlich auch Folgen für die Frage nach der Schuldfähigkeit gehabt.
00:11:42: In jedem Fall stellt er in dem Schreiben die Morde als politische Tat dar.
00:11:47: Auf vier Seiten verbindet er Rechtfertigungsversuche mit rechtsextremen Hasteeraden gegen das zitiere deutsche Rechtswesen.
00:11:58: Was er mit dem deutschen Rechtswesen genau meint, wird nie so richtig klar.
00:12:01: Sein Opfer hätte sich an den heiligsten Grundlagen dieses Rechtswesens vergriffen.
00:12:08: Auch das wieder Zitat.
00:12:10: Er nennt die Morde eine von mir selbst durchgeführte Maßnahme zur Gesundung des deutschen Volkes.
00:12:17: Er habe wertlose zerstörerische Elemente hingerichtet.
00:12:20: Und er verklärt natürlich seine eigene Rolle als quasi Märtyrer.
00:12:26: und alles Gute für Deutschland.
00:12:29: Was das sein soll, weil es kein Mensch.
00:12:32: Und das war ziemlich, das waren Wirre-Zahlen, die wir teilweise auch, weil sie so auf gut Deutsch bescheuert waren, teilweise gar nicht zitiert haben.
00:12:44: Wichtig war, dass in dieser Denkschrift vor allem eines vorkam, nämlich sein Geständnis.
00:12:51: Das heißt, was wirklich selten ist, wir hatten das Geständnis vor, bevor die Strafverfolger eins hatten.
00:13:00: Das kam nicht immer so gut an, aber natürlich haben wir darüber berichtet, ist ja klar.
00:13:06: Wie kam dieser Brief zum Kölner Stadtanzeige?
00:13:08: Per
00:13:08: Post.
00:13:10: Mehr können wir darüber jetzt nicht sagen.
00:13:12: Mehr will ich auch nicht zu sagen, weil das sind dann Quellenschutz.
00:13:19: Die Ermittler finden auch ein Tagebuch von Adolf.
00:13:22: Was steht da drin?
00:13:23: Es bestätigt ja so ein bisschen dieses Bild vom gewaltbereiten Rechtsextremen, Rechtsextremisten.
00:13:29: und es belegt aber auch, dass er sich da so eine eigene Welt zusammengebastelt hat.
00:13:33: Er schreibt zum Beispiel davon, dass im Untergrund hunderttausend Leute auf ein Startzeichen für den Umsturz warten.
00:13:41: Gut, also, ich meine, das spricht ja für sich, wo sollen die hunderttausenden hier kommen?
00:13:46: Also, das war eigentlich nur eine Fantasie, fanatische Fantasie, recht extrem, durch und durch.
00:13:57: Und er hat glaube ich, sich da in so eine Welt reingesponnen, um auch vor sich selber bestehen zu können.
00:14:08: Ich glaube, dass da eher die Wahrheit liegt so in seiner Psyche.
00:14:11: Und ich meine, mit forty-fünf, und du hast immer noch nichts geschafft, dann musst du ja mal fragen, warum?
00:14:22: Und wenn du dann, sag ich mal, vor dir selber auch bestellen willst, dann ist das zum Beispiel so eine Art Ventil oder Ausweg, dass du da rumspinst von der Untergrundarmee und so weiter.
00:14:34: Polizei und Staatsanwaltschaft zweifeln von Anfang an eigentlich an der politischen Motivation für diese furchtbare Tat.
00:14:41: Sie glauben, dass sie es mit einem Rachefeldzug zu tun haben.
00:14:45: Warum?
00:14:46: Er hat ja da einen Anwalts-Ehepaar und deren Tochter erschossen.
00:14:50: Und das kalt blühtig mit einer Pampgarn.
00:14:53: Und es gab überhaupt keinen Anlass da, ein politisches Motiv irgendwie in den Raum zu stellen.
00:15:02: Weil der Hintergrund war ganz einfach.
00:15:04: Dieser Anwalt hatte ihn in einem Mietstreit verklagt.
00:15:08: Er sollte zehn Tausend Euro an den Vermieter zurückzahlen.
00:15:13: Und weil er das nicht konnte, musste er raus aus der Wohnung.
00:15:16: Und dann sind die in den Wochen vorher vor dem Dreifachmord, da ist er ja mit seiner Freundin da überall durch die Gegend gegondelt.
00:15:26: Weil sie nicht wussten, wo sie hin sollten und sie hatten kein Geld.
00:15:30: Also, sie brauchten so Geld.
00:15:32: Und dann sind sie durch Zufall an diese Anwaltskanzlei vorbei gekommen.
00:15:36: Und dann hat er angehalten und dann sind die nach oben.
00:15:40: Und ich glaube, die ... Freundin war schon überrascht, was dann passierte.
00:15:46: Die hat ja auch schnellen Geständnis abgelegt und die Taten geschildert.
00:15:52: Die sind hoch, dann ist er rein und dann hat die Anwaltsfrau hingefahren, war da denn hier Wolle.
00:15:58: Und dann hat er gesagt, da ist eine Pamkan aus der Tasche genommen und hat geschossen.
00:16:01: Und dann sagt er, das wollen wir.
00:16:04: Und das war irgendwie meines Erachtens.
00:16:08: keine Spontant hat, sondern er wollte Rache üben, Rache für diesen Rausschmiss, Rache für, dass er die Klage verloren hat.
00:16:18: Und irgendjemand wollte es nicht rechnen, weil er merkte, das ging irgendwie zu Ende.
00:16:23: Also ich meine, die hatten nur noch, also kaum noch irgendein Euro in der Tasche.
00:16:31: Also wie ging's denn dann weiter?
00:16:32: und seine größte Angst war ja.
00:16:35: dass seine junge Freundin plötzlich merkte, dass er ein totaler Loser war.
00:16:40: Also, hatte quasi ein blutiges Fanal gesetzt.
00:16:48: Das wird nachher bei dem Prozess auch noch interessant.
00:16:50: Ist es eher Rache oder ist es, weil er kein Geld hatte, auch ein Versuch da Raub?
00:16:55: Also nachher wird ja auch das vor Gericht verhandelt.
00:16:58: So wie du es schilderst, ist es tatsächlich so, die Rache an irgendjemandem für das eigene Versagen im Leben.
00:17:06: Genau, das klang auch im Prozess immer wieder an.
00:17:10: Es gab ja auch ein psychiatrisches Kudachten, was ihm genauso was attestierte.
00:17:16: Er war zwar voll schuldfähig, aber da klang natürlich an die Motivation für diese Tat.
00:17:25: Die war ja eigentlich auf gut Deutsch gaga.
00:17:29: Also, ich meine, du bringst einfach mal so ein Anwalt um.
00:17:34: Warum?
00:17:35: Also das hat ja nichts damit zu tun mit einem politischen Motiv.
00:17:40: Dann wird es versuchen, irgendwelche Funktionäre oder Politiker oder sonst irgendwas zu erschießen.
00:17:48: Aber warum Anwalt?
00:17:50: Das kann nur diesen Hintergrund haben.
00:17:52: Davon sind ja die Ermittler und die Staatsanwaltschaft auch von Anfang an ausgegangen.
00:17:56: Die Waffe für die schreckliche Tat hat er von einem Freund aus Ehrenfeld bekommen.
00:18:01: Interessant ist, was er mit der Waffe nach der Tat gemacht hat.
00:18:04: Er gibt sie an einen Mann weiter, der damit Gleiches tun soll, er sagt, auch dieser Mann sollte Anwälte töten.
00:18:11: Genau, und dieser Mann hat sich ja dann an die, deswegen haben sie ihn ja auch... So schnell erwischt.
00:18:18: Dieser Mann hat sich ja dann an die Polizei gewandt und hat gesagt, ich habe diese Waffe, die hat er mir gegeben.
00:18:24: Da sind sie ja schnell auf ihn gekommen und damals gab es ja noch eine Verhandlungsabteilung bei der Kölner Polizei und die haben den relativ schnell gefunden.
00:18:36: Dieser Zeuge hat dann auch gesagt, wo ungefähr er sein könnte und so.
00:18:39: und dann sind sie halt mit Spezialeinheiten da rein und da haben wir ihn dann festgenommen.
00:18:44: Sprechen wir über die Freundin.
00:18:46: Die Rolle der Freundin ist am Anfang nicht ganz klar.
00:18:49: Wir haben schon gesagt, sie gesteht früh die Tat.
00:18:51: Allerdings sagt sie in diesen ersten Aussagen, dass sie völlig überrascht gewesen sei, als das Morden begann.
00:18:59: Dieses Bild der gänzlich unwissenden lässt sich nicht aufrecht erhalten.
00:19:03: Im Laufe der Ermittlungen wird deutlich dass sie mehr war als nur eine überraschte Begleiterin.
00:19:09: Also da muss man vielleicht auch nochmal in die Psyche einsteigen.
00:19:14: Also dieses Verhältnis zwischen Jennifer D. und Thomas Adolf war natürlich ein seltsames.
00:19:21: Adolf war ja viel, viel älter als das Mädchen.
00:19:24: Das Mädchen kam aus problematischen Verhältnissen und suchte eigentlich jemand, Ja, so eine Art Vaterfigur oder Beschützer und glaubte, den hätte sie jetzt in Adolf gefunden, weil er da überall rumschvadronierte.
00:19:38: Der hat ja auch gegenüber den Eltern immer vom großen Sieg schvadroniert.
00:19:44: Und ich glaube, dass die zu dem Zeitpunkt ihm hörig war.
00:19:49: Und deswegen hat er auch gesagt, komm jetzt, fesseln mal die Tochter, bevor sie dann erschossen hat und so.
00:19:57: und sich hat das gemacht.
00:19:58: Ob sie da vorher wusste, was er vorhatte, da bin ich mir nicht so sicher.
00:20:05: Sie hat ja das Opfer nicht nur gefesselt, sie hat auch die Tasche getragen, in der die Pumpkan war.
00:20:11: In ihrer ersten Aussage hatte sie gesagt, dass sie überrascht gewesen wäre, dass Adolf ein Gewehr dabei hatte.
00:20:18: Ist das glaubwürdig, dass man eine Tasche trägt, aber nicht weiß, was drin ist?
00:20:22: Nee, die wusste das.
00:20:24: Also da bin ich mir auch ziemlich sicher, dass sie wusste, dass da eine Waffe drin ist.
00:20:27: Aber wusste sie wirklich, dass er die Waffe auch benutzen wollte.
00:20:32: Das hat das, glaube ich, das Verfahren auch nicht ergeben.
00:20:35: Und sie hat ja siebeneinhalb Jahre Jugendstrafe bekommen.
00:20:38: Das ist zwar im höheren Segment für eine Jugendliche.
00:20:43: Also Höchststrafe ist ja Jugendstrafe, das ist zehn Jahre.
00:20:46: Der Richter hat dann, glaube ich, auch in der, hat sicherlich gesagt vieles, was sie erzählt haben.
00:20:52: ist nicht so glaubhaft und so weiter, aber man muss natürlich auch das Gegenteil beweisen.
00:20:57: Da greifen wir jetzt schon ein bisschen vor.
00:20:58: zur Entscheidung des Gerichts, wenn sie tatsächlich nicht gewusst hätte, wäre das natürlich eine sehr harte Strafe gewesen.
00:21:05: Ihr Anwalt bleibt dabei, selbst die Festelung des Opfers sieht er nicht als Beleg für eine Mittäterschaft.
00:21:11: Im Juni, zwei Tausendvier beginnt dann der Prozess gegen die beiden im Kölner Landgericht.
00:21:16: Wie hast du die beiden zum Prozessauftakt erlebt?
00:21:19: Also sie hat, sage ich mal, einen Trennen unter Trennen dann auch Angaben gemacht und erzählt, was aus ihrer Sicht dann gelaufen ist und distanzierte sich von Adolf und will nichts gewusst haben, was er vorgehabt hat.
00:21:37: Und er hat sowieso gehabt zuerst den coolen Macker so und ließ nichts an den sich ran, sondern versuchte da auch so ein Bild eines Frontkämpfers, was abzubildende ehemaliges Röltner, der jetzt hier sich keiner schon bewusst ist.
00:22:03: Er bleibt bei seiner Selbstbeschreibung als politisch motivierte Attentäter, als Befreiungskämpfer, als rechtsextremistischer Befreiungskämpfer.
00:22:12: Er wiederholt noch einmal, dass er Hochverräter exekutiert habe.
00:22:17: Er sagt auch, dass eine regelrechte Angriffsserie in Deutschland geplant sei.
00:22:22: Da gäbe es eine Gruppe im Untergrund, die eine Todesliste erstellt habe, auf der Politiker, Juristen, Verfassungsschützer und auch Medienvertreter drauf stünden.
00:22:32: Er nennt sogar ein paar konkrete Namen.
00:22:35: Er sieht sich als Teil eines Netzwerkes, sagt auch, dass er von dieser Gruppe, von diesem Netzwerk, selbst schon mal einen Mordauftrag bekommen habe.
00:22:45: Da sollte er einen Vormann des Verfassungsschutzes in Cottbus umbringen.
00:22:49: Den hat er aber nicht finden können.
00:22:51: Es ist weiter eine wilde Mischung aus politischer Hetze, aus Berichten von Verschwörungen und Rechtfertigungen.
00:22:59: In jedem Fall ist das, kann man sagen, vor Gericht eine interessante Konstellation.
00:23:03: Da haben wir einen Angeklagten, der möchte.
00:23:06: dass man ihn als Rechtsextremisten sieht.
00:23:09: Sein verteidiger beantragt sogar, dass der Fall nicht in Köln, sondern in Düsseldorf verhandelt werden müsse.
00:23:15: Dazu muss man wissen, dass in Düsseldorf das Oberlandesgericht für alle sogenannten Staatsschutzfälle zuständig ist.
00:23:22: Also wenn es sich um einen politischen Fall handelt, dann muss der in Düsseldorf verhandelt werden und nicht in Köln.
00:23:28: Der Anwalt beschreibt eine Vereinigung von mindestens sieben Akteuren, die Anschläge auf jüdische Einrichtungen geplant hätten.
00:23:37: Auf der anderen Seite steht die Staatsanwaltschaft, die Anklage, die bei ihrer Annahme bleibt, dass es um Rache ging.
00:23:44: So richtig überzeugend ist das für mich auch nicht.
00:23:47: Schließlich ist die Mietgeschichte, die Adolf und das Opfer miteinander verbanden, rund sechs Jahre her gewesen, also in jedem Fall eine ungewöhnliche Konstellation.
00:23:57: Ja, erstmal ist es natürlich irgendwie total schwachsinn, dass ein Verteidiger hingeht und sagt, wir gehen jetzt zum Staatsschutz und das wird dem nichts nützen.
00:24:05: Also das ist schon mal, wahrscheinlich hat Adolf ihn dazu auch entsprechend beauftragt, da einen entsprechenden Antrag zu stellen.
00:24:14: Eigentlich ist das durch die Fakt nicht gedeckt.
00:24:17: Und das ist eigentlich so, das passt so in dieses Bild eines Wichtigtours.
00:24:24: Also das ist so... Ja, auch diese Mehr, das Anschläge auf jüdische Einrichtungen geplant worden sein durch wen.
00:24:34: Das war ein Lohn zum Loser.
00:24:36: Also, der hatte nicht ein großes Kreis oder ein großes Netzwerk mit militanten Mitstreutern oder so.
00:24:45: Der stand für sich alleine.
00:24:48: Aber es gab ja ein paar Namen.
00:24:49: Es sind ja Zeugen geladen worden, mutmaßliche Mitglieder.
00:24:53: Dieser von Thomas Adolf benannten Terrorgruppe, was haben die im Zeugenstand gesagt, diese Leute?
00:24:59: Die haben das bestritten.
00:25:01: Glaubhaft bestritten.
00:25:03: Es gab keine Beweise dafür.
00:25:05: Außer, dass Monitor mal versucht hat, zu sagen, der Verfassungsschutz steht dahinter.
00:25:11: Die haben mich nämlich mal angerufen.
00:25:13: Die WDR sendet Monitor.
00:25:14: Genau.
00:25:15: Und dann hat der Kollege gesagt, das sei ja klar.
00:25:20: Da hat er ja alles vom Verfassungsschutz initiiert.
00:25:22: Und dann habe ich gesagt, woher wissen Sie das?
00:25:25: Naja, es sei ja bekannt und so.
00:25:29: Und dann habe ich gesagt, das deckt sich aber nicht mit den Ermittlungen.
00:25:33: Und trotzdem haben die diesen Beitrag gemacht.
00:25:36: Also die waren der Meinung, dass der Verfassungsschutz was getan hat?
00:25:40: Ja, dass der Verfassungsschutz hinter quasi die Maude begünstigt oder gefördert, oder was auch immer hatte.
00:25:47: Und weil sich ja natürlich folgendes, wie ich schon eben mitgesagt habe, ja, hat der Verfassungsschutz, vierneinzig bis sechsneinzig, versucht ihn als Vormann anzuwerben, Adolf.
00:26:02: Und sind dann aber letztlich zu dem Schluss gekommen, der Typ ist so Will, Und unzuverlässig, das lasst man mal.
00:26:13: Und daraus hat Monitor dann die Geschichte entwickelt, der Verfassungsschutz.
00:26:18: Der könnte es auch gewesen sein.
00:26:21: Wenn das so klar ist, wie du das sagst, also wenn es irgendwie deutlich ist, dass das... dass eben nicht eine rechtsextremotivierte Tat gewesen ist.
00:26:30: Warum lässt der Richter ihn dann so viele Tage lang das ausbreiten, seine Vorstellungen von diesem angeblich revolutionären Kampf?
00:26:39: Also Thomas Adolf nutzt ja diesen Prozess als Bühne und du hast, glaube ich, in einem Text auch geschrieben, dass man sich auf dem Flur drüber unterhalten hat und gesagt hat, wieso lässt der Richter das zu?
00:26:51: Also zum einen muss man natürlich sagen, also nichts mögen Richter so wenig, als das ihr Urteil aufgehoben wird durch eine nächste höhere Instanz.
00:27:04: In dem Fall weiß ich nicht.
00:27:06: Also ich glaube, ich weiß gar nicht, ob der letzte Prozess das richtig war, dann hat er den ausgedehnt, damit er nicht noch einen anfangen muss.
00:27:16: Das weiß ich jetzt nicht, aber jedenfalls war es schon bemerkenswert, dass der da rum, Palawangrante und irgendwelche Hirngespinste da von sich gegeben hat, die natürlich vielleicht Würr war, aber vielleicht war es auch deswegen so.
00:27:40: Es ist ja so beim Strafprozess, also entweder kann man den Angeklagten explorieren, also Befragen anhören und vorläufig zu Kutachten schreiben oder man beumachtet sein Verhalten im Prozess und stellt dann sein psychiatrisches Gutachten.
00:28:00: In diesem Fall könnte ich mir vorstellen, ist es natürlich dann gut für das Gericht und auch für die Psychiaterin gewesen, in der Tage lang reden zu lassen und dann kann man sich natürlich auch ein Bild über seinen psychischen Gesundheitszustand machen.
00:28:22: Die Psychiaterin soll die Schuldfähigkeit des Angeklagten beurteilen.
00:28:26: Sie hält ihn für voll schuldfähig.
00:28:29: Der Mann sei für seine Taten verantwortlich, sagt sie.
00:28:32: Sie bescheinigt ihm eine nazistisch akzentuierte Auffälligkeit, wie es damals hieß, nicht aber eine Persönlichkeitsstörung.
00:28:40: Adolf habe ein aufgeblähtes Selbstwertgefühl.
00:28:44: Sie spricht von einer persönlichen Situation des Scheiterns.
00:28:48: Sich da selbst als Held, als Auserwählten zu sehen, sei da ein Umgang damit gewesen.
00:28:55: In diesem Zusammenhang müssen wir auch die Morde sehen.
00:28:58: Es kommt zu den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung.
00:29:02: Und der Verteidiger von Thomas Adolf überrascht alle Beteiligten mit einer Darstellung der brutalen Erschießungen als Totschlag im Effekt.
00:29:11: Wie kam er dazu?
00:29:12: Naja, das ist der letzte Hilfszweig.
00:29:17: Ich meine, das war ja klar, dass das Morde war.
00:29:19: Das ist ja auch so angeklagt worden, dreifacher Mord.
00:29:22: Ja, ich meine, wenn du arglos bist, du kannst dich nicht verteidigen.
00:29:26: Du weißt nicht, was auf dich zukommt.
00:29:27: Da kommen mehrere Mordmerkmale in Betracht.
00:29:30: Also Heimzücke zum Beispiel.
00:29:33: Und die waren alle erfüllt.
00:29:36: Da kann man natürlich nur versuchen, die Strafe herabzusenken, Totschlag im Affekt.
00:29:42: Das wären, glaub ich, noch nicht mal zehn Jahre oder so.
00:29:45: Aber wie kommt er denn drauf?
00:29:46: Was ist seine Darstellung der Tat, die ihn zu diesem überraschenden Plädoyer bringt?
00:29:51: Naja, das kann ja nur so sein, dass Adolf quasi nicht geplant hat, da hoch zu gehen und seine Pumpkern zu nehmen und die drei Menschen zu ermorden, sondern in einer spontanen Reaktion einfach hingeht und plötzlich auf den Gedanken kommt, jetzt wird ihm das aber zu blöd hier und dann hebt er seine Waffe und erschießt die Leute.
00:30:14: Aber vorher hat er ja darauf plädiert, dass es politisch motiviert war.
00:30:17: Das passt ja irgendwie so gar nicht zusammen.
00:30:19: Ja, oder ist es das eine oder das andere?
00:30:21: Aber nicht jeder Verteidiger hat auch gewisse Qualitäten.
00:30:25: Und so, das ist wie bei allen Berufsfeldern so, es gibt gute und schlechte.
00:30:31: Und den hat, der war, glaube ich, nicht so doll.
00:30:34: Das Gericht folgt ihm nicht.
00:30:36: Thomas Adolf wird zu lebenslange Haft verurteilt und es wird die besondere Schwere der Schuld festgestellt sowie Sicherungsverwahrung angeordnet.
00:30:46: Das hat er auch die Staatsanwältin gefordert.
00:30:48: Und auch bei der Beschreibung des Motivs folgt das Gericht der Anklage.
00:30:53: Es sieht die Tat nicht als politischen Anschlag, sondern als Racheakt.
00:30:58: Natürlich sieht man Adolf schon als politisch denkenden Menschen, aber das Motiv sei Rache.
00:31:04: Hinzu kommt das Motiv der Habgier.
00:31:06: Das habe sich auch um einen Raub gehandelt.
00:31:08: Mitgenommen vom Tatort hat Thomas Adolf übrigens siebzig Euro.
00:31:14: Der Richter bezeichnete den ermordeten Anwalt als Zufallsopfer.
00:31:18: Das passt dann nicht so richtig zur Rache als Mordmotiv.
00:31:22: Für Jennifer D. hat die Staatsanwaltschaft die Höchststrafe des Jugendstrafrechts gefordert, zehn Jahre.
00:31:28: Wir haben es schon erwähnt, Adolfs Freundin wird zu siebeneinhalb Jahren Haft wegen Beihilfe zum Mord verurteilt.
00:31:34: Sie sei aus Liebe zur Komplizin geworden, sagt der Richter in seinem Urteil.
00:31:39: Er ist sich sicher, dass die Frau zumindest ahnte, was ihr Freund vorhatte, als er im Oktober zwei tausend drei die ganze Leih betrat.
00:31:48: Ihr Verteidiger hatte Freispruch gefordert.
00:31:51: Wie haben denn die Angeklagten die Urteile aufgenommen?
00:31:54: Sie hat geweint.
00:31:57: Und er?
00:31:58: Er war, wie immer, also... Ich glaub, der hat sogar hünisch gedacht oder so oder gelächelt oder... Ich glaub, der weiß gar nicht darüber im Klaren, was das bedeutet.
00:32:09: Lebenslang heißt er normalerweise im Normalfall, wenn du dich... Also, fünfzehn Jahre, sowas.
00:32:16: Besonders schwerer der Schuld.
00:32:18: Dann kommen Nummer fünf drauf und dann muss man dann gut achten, ob eine Gefahr darstellt für die, für weiterhin für die Umwelt.
00:32:28: Sicherungsverwahrung heißt... Wenn er Pech hat, kommt er nie wieder raus.
00:32:32: Der Fall hat ein spannendes Nachspiel.
00:32:34: Das Kölner Urteil, also die Entscheidung des Gerichts hier Rache und Habgier als Motiv zu sehen, führt dazu, dass der Fall in den Statistiken des Landeskriminalamtes und des Nordrhein-Westfälischen Innenministeriums nicht als rechtsextreme Gewalttart, nicht als rechtsextreme Gewaltverbrechen geführt wird.
00:32:54: Da ist er nicht der einzige Fall, wo es Zweifel gibt.
00:32:57: Es wird heftig diskutiert, ob Polizei, Justiz und Behörden eher verharmlosend auf rechtsextreme Gewalt schauen.
00:33:04: Und diese Diskussion führt dazu, dass der NRW-Inminister Herbert Reul eine Überprüfung dieser Fälle anordnet.
00:33:11: Das geschieht auch und die Prüfung führt tatsächlich zu einer Neubewertung.
00:33:16: Der Innenminister legt im Juni, im Jahr Jahrzehnte, dass der Dreifachmord von Oberrad doch als politisch motiviertes Tötungsdelikt nachgebildet werden muss.
00:33:28: Wir haben deine Schilderung gehört, Axel.
00:33:29: Sie unterscheidet sich wenig von dem, was du damals geschrieben hast.
00:33:33: Du bleibst bei deiner Einschätzung von damals anders als die Behörden.
00:33:37: Das Innenministerium sagt, neue Strukturen hätten es erlaubt, einen unvoreingenommenen Blick aus der heutigen Perspektive auf das Tatgeschehen einzunehmen.
00:33:47: Das heißt ja im Umkehrschluss zum Zeitpunkt des Urteils, War dieser Blick voreingenommen?
00:33:53: Nee, dem würde ich eigentlich widersprechen.
00:33:57: Es gab eigentlich das Ganze mit Untergrundarmee und Anschläge und es gibt Mitstreiter und eine Art Terrorgruppierung recht extremistisch, weil das Unfug hat sich nicht bewahrheitet.
00:34:18: Das hier ist ja das, was Rollen macht, mit diesem Programm finde ich richtig, dass man Taten nochmal überprüft auf den recht extremistischen Hintergrund.
00:34:33: Also ich finde es gut, aber ich denke manchmal überzieht man auch.
00:34:37: Es ist ja jetzt gerade wieder in Solingen mit diesem Brandanschlag, wo die Nebenklage Immer erzählt, ah, da könnte der Bronze-Stifter, der ja einen Geständnis abgelegt hat.
00:34:49: Es sind ja vier Menschen gestorben.
00:34:52: Das ist alles rechtsextremistisch motiviert gewesen und weiter.
00:34:57: Und das ist teilweise so harnbüchende Dinge, die man dann herbeizieht oder Indizien, die dann womöglich darauf hinweisen und so weiter.
00:35:07: Es besteht ja kein Zweifel daran, dass Adolf ein Neonazi war.
00:35:13: Aber das heißt ja noch lange nicht, dass er rechtsextremistisch motiviert diese Anwaltsfamilie ermordet hat.
00:35:28: Ich glaube, dass er nicht.
00:35:30: Ist ja eine interessante Frage.
00:35:32: Wenn der Täter so eindeutig sich bekennt, zu einer politischen Ideologie, du schreibst ja auch über Islamismus und über islamistischen Terrorismus, würde man da diese Frage auch stellen?
00:35:42: oder ist nicht der Reflex von Anfang an klar, wir haben es hier mit einem religiös fundamentalistisch denken, Mensch zu tun, stellt man da auch die Frage, ob man die Haltung von der Tat trennt?
00:35:54: Also wir haben jetzt gerade den Solinger Attentäter, der ja im Am XXIII.
00:36:00: August, im Jahr ist es im Jahr ist es im Jahr.
00:36:13: Am XXIII.
00:36:15: August, im Jahr ist es im Jahr.
00:36:19: Am XXIII.
00:36:20: August, im Jahr ist es im Jahr.
00:36:24: Am XXIII.
00:36:27: August, im Jahr ist es im Jahr.
00:36:30: auch noch kurz vor der Tat seine Instrukteure da informiert, dass es jetzt losgeht und so weiter.
00:36:37: Dann besteht da eigentlich kein Zweifel, obwohl er erzählt, er sei überhaupt kein Islamist, was natürlich Unfug ist.
00:36:48: Aber bei Adolf gab es zwar klar, es gab diese Dokumentation, diese Geschichte mit der SS-Division Götter, den man mit anderen Dingen und so.
00:36:58: Und beim Rechtsextremismus wird es natürlich auch immer heikel, weil wir ja teilweise immer denken, Adolf steht schon wieder vor der Tür und so.
00:37:11: Und ich finde es gut, dass das zum Beispiel NRW dieses Programm aufgestellt hat, um nochmal zu gucken, ist da wirklich damals ein Motiv, ein politisches Motiv gewesen.
00:37:24: Aber ich habe das in meiner Zweifel, ob das immer Aber ob das immer zutrifft, weil das hat überhaupt nichts mit Islamismus, Linksextremismus oder Rechtsextremismus zu tun und so weiter und so fort.
00:37:41: Oft ist es ein politisches Motiv, da muss man schreiben.
00:37:45: In diesem Fall hat auch der Prozess ein ganz anderes Bild ergeben.
00:37:49: Damit widerspricht Axel Spilker nicht nur dem Innenminister, sondern auch dem ehemaligen Schiff des Landeskriminalamtes Frank Höfer, der bereits im Jahr zwei Tausend Neunzehn davon sprach, dass das Verbrechen in Oberrad überwiegend rechts motiviert gewesen sei.
00:38:06: Das ist eine spannende, aber auch eine sehr brisante Debatte.
00:38:09: Einerseits wird keiner leugnen, dass Rechtsextremismus lange eher verharmlost worden ist.
00:38:15: Andererseits liegt die Brisanz natürlich auch darin, dass da nachträglich rechtskräftige Gerichtsurteile von anderen staatlichen Instanzen infrage gestellt werden.
00:38:26: Obwohl, das muss man klar sagen, es ist ja hier nie um das Strafmaß ging, neu bewertet wird die Motivlage des Täters.
00:38:35: Das Kölner Urteil ist eines von vielen, die überprüft wurden.
00:38:39: Da ist die Rede von sogenannten Grenzfällen.
00:38:42: Vielleicht liegt in diesem Begriff auch dann die richtige Beschreibung.
00:38:45: Nicht immer ist alles ganz eindeutig.
00:38:48: Das wissen Hörerinnen und Hörer von True Crime Köln-Lext.
00:38:52: Es gab allerdings auch andere Fälle.
00:38:54: bei denen man schon staunen konnte, dass sie nicht in der Statistik rechtsextremistischer Gewalt auftauchten.
00:39:00: Dazu gehören Brandanschläge auf ein von Türken bewohntes Mehrfamilienhaus und auf eine Flüchtlingsunterkunft.
00:39:08: In Dortmund hat ein Fall für Aufsehen gesorgt.
00:39:11: Ein rechtsextremer Skinhead hat einen Panker erstochen.
00:39:15: Obwohl sein Hass auf Linke und Punks bekannt war, sah das Gericht keine Mordmerkmale.
00:39:21: Der Mann kam mit einem milden Urteil wegen Totschlags davon.
00:39:25: Das war's für heute.
00:39:26: Herzlichen Dank an Axel Spilker für den Besuch im Podcaststudio des Kölner Stadtanzeiger.
00:39:31: Dank auch an Laura Ständer und Tim Stienauer, die als Sprecherin und Sprecher mitgemacht haben.
00:39:37: Bleiben Sie wachsam, aber bitte auch gelassen.
00:39:40: Tschü.
00:39:41: True Crime Keilen mit Helmut Frangenderg.
00:39:45: Alle zwei Wochen eine neue Folge.
00:39:47: Überall da, wo es Podcasts gibt und auf ksda.de.
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